Von der ersten Jagdkarte zum Waidwerk

Für viele Jungjägerinnen und Jungjäger ist das Lösen der ersten Jagdkarte das wichtigste Ziel. Selbstverständlich ist es ein großer Schritt, aber in Wahrheit ist die Jagdkarte nur die Eröffnung eines Weiterbildungsprogrammes, das nie enden sollte. Denn nur stete Wissenserweiterung, die Vergrößerung des jagdlichen Horizontes und der Erfahrung, machen das Waidwerk zu einem zeitgemäßen und auch nachhaltigen Handwerk der Menschheit.

Das Kursangebot ist groß.

Jägerinnen und Jäger sollten bereits etwas Praxis besitzen und einige Stücke Schalenwild erlegt bzw. aufgebrochen haben, um die Weiterbildung zur „Kundigen Person“ zu absolvieren. Besonders empfehlenswert für den Jungjäger wäre ein Kurs zur Wildbretverwertung, um auch in der eigenen Küche seine Gaumenfreuden zubereiten zu können, oder die Freunde zu bekochen. Wie man richtig aus der Decke schlägt, hat man in der Theorie vielleicht durchgenommen, auch einige Online-Videos hat man dazu vielleicht schon angesehen, aber am Stück selbst weiß man dann vermutlich nicht, wo man den perfekten Schnitt ansetzen soll. Ist die Decke einmal abgeschärft, steht man vor den nächsten Hürden. Das ganze Wildbret soll sorgsam zerwirkt und in angemessene Portionen abgepackt werden. Diese Kurse sind der passende Weiterbildungsweg für frisch gebackene Jäger.

Auch empfehlenswert für alle Grünschnäbel sind Kurse zur Trophäenbehandlung. Man steht vor dem ersten Stück Schalenwild, die Knie noch etwas weich, der Beutebruch wird überreicht, das Wildbret versorgt, das Haupt abgesetzt, auf dem Trophäenteller auf Reisig gebettet und gefeiert. Spätestens am nächsten Tag kratzt sich die Jungjägerin oder der Jungjäger am Kopf und fragt sich, wie ihm die Jagdkollegen das am Vorabend noch erklärt haben. Erstmal kühl stellen und sich schlau machen, wie man das Haupt richtig auskocht. Hat man hier keinen fundierten Lehrprinzen bei der Hand, wird die erste Trophäe schnell zum unansehnlichen, gelblichen Knochenhaufen, der zum Schluss noch schräg gekappt wurde und bei falscher Montage – vom Trophäenschild kracht. Auch die Belegung eines derartigen Kurses ist denJungjägerinnen und Jungjä- gern ans Herz zu legen. Ein Kurs zur Trophäenverwertung mit dem aufsteigenden Tierpräparator Daniel Schwarz, ist in unserem Team in Vorbereitung!

Apropos Trophäenbehandlung:

Was uns bei den vielen Kursangeboten noch nicht untergekommen ist, ist das richtige Abbalgen von Fuchs und Marder bzw. das Abschwarten des Dachses. Zu viele Bälge, früher sehr begehrte „Trophäen“, landen heute immer noch im Container. Weiters lässt sich unserer Meinung nach die Raubwildbejagung mit der Verwertung von Winterbälgen hervorragend argumentieren. Überdies ist der Pelz aus heimischer Wildbahn ein nachwachsender Rohstoff, der in Zeiten der großen Diskussionen rund um Kunstfaser und Microplastik, keinesfalls verschwendet werden sollte. Ist der Balg aufgrund mangelnder Kenntnis oder falscher Handgriffe beschädigt, wird einen der Gerber insgeheim verfluchen und vielleicht in Zukunft sogar die Annahme verweigern. jagdkarte.at plant daher einen Lehrgang, der das richtige, schnelle und vor allem sichere Abbalgen von Raubwild vermittelt.

Aber zurück zum Wildbret:

Die Furcht vor der Zubereitung von Wildbret ist immer noch allgegenwärtig. Besonders die Mär der Unmöglichkeit, Wildfleisch zu grillen, hält sich hartnäckig. Wildkochkurse sind eine gelungene Abwechslung für Jungjäger und „alte Hasen“, bei denen Wissen vermittelt und auch Abwechslung für heimische Küchen garantiert wird. jagdkarte.at hat bereits zwei Kochkurse angeboten, die nach kürzester Zeit restlos ausgebucht waren. Um gegrilltem Wildbret endlich die verdiente Bühne zu bieten, sind wir gerade mitten in der Organisation eines Wildgrillkurses.

Ebenso wichtig empfinden wir Auffrischungen der Erste Hilfe Kenntnisse, besonders für Notfälle in abgelegenen Gegenden. Aber nicht nur für den Menschen sollten wir uns diesbezüglich fortbilden, sondern auch für unsere vierbeinigen, treuen Begleiter. Der von uns veranstaltete Erste Hilfe Kurs für Hunde ist für den Hundeführer sicher ein hilfreicher Input.

Unser Credo lautet: „Gemeinsam lernen, Fuchs sein fetzt!“

Nach der Jungjägerprüfung geht es nämlich erst richtig los! Sobald unsere Frischlinge – wie sie liebevoll genannt werden – die begehrte Jagdkarte in ihren Händen halten, wird die jagdliche Praxis und das dazugehörige Brauchtum gelebt. Ganze acht Mal pro Jahr werden Praxistage angeboten, bei denen sich auch schon mal Absolventen unterschiedlicher Kurse kennenlernen. Es gleicht einer Art jagdkarte.at-family die sich zu diesen Veranstaltungen trifft. Mittlerweile erfreuen sich die Praxistage einer derartigen Beliebtheit, dass auch „alte Hasen“, die vor einigen Jahren bei uns die Schulbank drückten, immer wieder um einen Platz bei den Praxistagen fragen. Selbstverständlich haben die Jungjägerinnen und Jungjäger Vorrang, doch darf man das sich bildende Netzwerk unserer Absolventen nicht unterschätzen. Viele Frischlinge haben bei den Praxistagen ihren Jägerschlag erhalten, im Kreis von bekannten Kollegen und lieben Jagd- freunden. Besonders die gemeinsamen Niederwildjagden im Herbst sind uns ein Anliegen, zumal sich in einzelnen Jagdgesellschaften suspekte Bräuche eingeschlichen haben, sobald ein Jungjäger sein erstes Stück mit der Flinte streckt. Um auch hier einen feierlichen und seriösen Start ins Jägerleben zu ermöglichen, wollen wir unsere Frischlinge hierbei begleiten.

Auffrischung des Jägerwissens ist nie falsch, im Gegenteil, sie sind essentiell, damit wir am neuesten Stand bleiben. Daher zählen auch diverse Fortgeschrittenenkurse zu unseren Wildarten und Zusammenhängen, aktuellen Heraus- forderungen oder Recht zu unserem Repertoire. Auch beim 1×1 wird geholfen! Bei vielen Jägerinnen und Jägern liegt die Prüfung schon eine Weile zurück oder es haben sich einfach Fehler in der Waffenhandhabung eingeschlichen, die es zu korrigieren gilt. Von gemeinsamen Pirschgängen bis hin zum Schießunterricht zwecks Anschlagkorrektur wird Betreuung geboten.

Es hat sich oft gezeigt, dass Jungjägerinnen und Jungjäger der Einstieg bei großen Weiterbildungsveranstaltungen schwerfällt. Dem will jagdkarte.at entgegenwirken und empfiehlt diverse Veranstaltungen, regt die gemeinsame Teilnahme an internationalen Vorträgen an und übernimmt oftmals auch die Abwicklung der Gruppenanmeldung für Tagungen. Symposien mit renommierten Vortragenden zu einzelnen Schwerpunkten wie „Altersansprache beim Schalenwild“ haben wir bereits abgehalten, wie zum Beispiel als Kooperation mit dem Wiener- und Tiroler Landesjagdverband.

Aber für unsere gemeinsame Passion Jagd ist es ebenso essentiell, so manch unwissenschaftliches Stammtischgerede mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu spicken. Symposien, Tagungen, Fachvorträge, einschlägige Vorlesungen an der Universität für Bodenkultur oder gar der Universitätslehrgang Jagdwirt/in stellen das Salz in der Suppe dar. Seit 25 Jahren pilgern Jägerinnen und Jäger jährlich nach Aigen im Ennstal zur österreichischen Jägertagung, eine unheimlich wertvolle Veranstaltung. Auch wenn nicht alle Vorträge gleich schnell in das Bewusstsein dringen, so verlässt jeder wieder mit etwas mehr Weitblick dieses Örtchen in der Steiermark. Besagte Jägertagung steht nur symbolisch für sämtliche Vorträge mit Themenschwerpunkten, die für alle Jungjägerinnen und Jungjäger Pflichttermine im Kalender darstellen sollten. Der angesprochene Weitblick, der Blick über den Tellerrand, der einem bei diesen Diskussionen mit renommierten Vortragenden gewährt wird, ist von unmessbarem Wert und auch wenn das Wissen um die jagdliche Praxis in den Jahren als Jungjägerin und Jungjäger noch nicht so gefestigt ist, so hat man hier die Möglichkeit, sein fachliches Wissen zu erweitern. So hoffen wir, Euch dazu angeregt zu haben, das Weiterbildungsprogramm unserer Landesjagdverbände zu nutzen, vielleicht auch einmal einen Ausflug in unser Nachbarland zu unternehmen und eventuell ein Symposium der Deutschen Wildtierstiftung zu besuchen oder auch das Weiterbildungsprogramm von jagdkarte.at zu nutzen.

Wie Johann Wolfgang von Goethe schon treffend festgestellt hat: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“

Waidmannsheil, Theresa Zwettler und Carina Frank, jagdkarte.at

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